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Wie Thailand noch intensiver trauern könnte

Nov. 3, 2016

Habe mich tatsächlich ins Flugzeug gesetzt ohne gleich wieder auszusteigen und dabei auch noch – so hieß es beim Check in – super Glück, einen geräumigen Platz Notausgang zu ergattern. Wie man’s nimmt. Man könnte auch sagen: Pech, denn der Toilettentrakt (leckeres Duftpotpourri, mjam) ist nur einen halben Schritt von mir entfernt, was in regelmäßigen Intervallen Horden von Klogängern auf meinen Füßen herumstehen lässt. Zu Ablenkungszwecken spiele ich „Guess my Thai Travel Routine“, das bietet sich für einen Bangkok-Flug ja an. Per Multiple Choice-Verfahren versuche ich, die männlichen Mitreisenden drei Typen zuzuordnen:

a) in absehbarer Zeit zum Krebs mutierender All Inclusive-Pauschaltourist, der sich nicht aus den paar Hektar seines Hotelkomplexes hinausbewegen wird

b) dynamisch lederner Sonnenanbeter, der das Panorama der herrlichsten Strände mit seiner faltigen Nacktheit versaut

c) verabscheuungswürdiger Sextourist, dem sich jetzt bereits jetzt die unterdurchschnittlich ausgestattete Hose beult und dessen komplexbeladene Persönlichkeit man sich nicht näher ausmalen möchte (schwer von a) zu unterscheiden)

Bevor mir schlecht wird, denke ich an das Positive: Ich mache Fortschritte. Wo normalerweise noch vor dem Abheben eine Dose Tomatensaft (wahlweise ein Becher Kaffee der Kategorie „mega grande“ oder wie man die 750ml-Größen heute so nennt) auf meinem weißen Oberteil gelandet wäre, bleibt es dieses Mal bei einer einigermaßen überschaubaren Portion Orangensaft auf einem Untergrund in Zartrosa. Fällt nicht weiter auf.

Farben wie Rosa existieren in Thailand derzeit übrigens nicht. Die Leute tragen wirklich Schwarz. Klamottenläden haben alles Farbige verbannt, es gibt nichts als Schwarz mit maximal weiß-grauen Akzenten. Hunderte Meter schwarz-weißer Stoffbahnen säumen die Straßenzüge sämtlicher Städte. (Leute, rennt, wenn ihr noch was Schwarzes braucht, ich bin mir sicher, der weltweite Schwarz-Stoff-Markt steht kurz vor dem Zusammenbruch). Ganz Bangkok ist gepflastert von schwarzen Riesenpostern mit Kondolenzwünschen und Trauerbekundungen.

Als Tourist wird man über das Angebot hinaus, sich der am Flughafen bereit gestellten Trauerschleifen zu bedienen, nicht weiter behelligt. Wahrscheinlich wird keiner einem Wirtschaftszweig schaden wollen, der 14 % des thailändischen BIP ausmacht, ich hätte es aber dennoch passend gefunden, wenn neben den Schleifchen schwarze Kondome mit nach innen liegenden Rasierklingennoppen feilgeboten würden (natürlich ausschließlich für die Männer des c-Typus). „Mann“ könnte den Schmerz der Trauernden (und so manch anderer) irgendwie am eigenen Körper erfahren und womöglich besser nachempfinden. Und ich müsste über kurz oder lang nicht mehr so komplizierte Spiele spielen.