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Myanmar für die, die’s wissen wollen

Nov. 28, 2016

Schönste Aussicht

Mit dem Zug von Inle Lake in den Bergort Kalaw. In dessen kühleren Höhen haben es sich die schwitzenden Briten seinerzeit gemütlich gemacht, wovon die Architektur noch heute zeugt. Inzwischen sind es reiche Yangoner, die ihre Ferienvillen dort hinstellen. Die Zugfahrt hält wunderbare Landschaften und Einblicke in das bäuerliche Landleben sowie die Arbeit auf den Feldern bereit. Und wenn man genau in Richtung Horizont schaut, erschließt sich auch, weshalb Myanmar „Das goldene Land“ genannt wird. Aus dem Grün der hügeligen Landschaft ragen immer wieder goldene Punkte hervor – an jeder erdenklichen Stelle findet sich eine Pagode oder Stupa mit der für Myanmar typischen goldenen Spitze.

Magischster Ort

Das kann ich kurz machen. Die alte Königsstadt Bagan, von der noch über 2000 Tempel auf 36 Quadratkilometern zu bestaunen sind, wirkt vor allem bei Sonnenauf- und -untergang magisch. Da macht es sogar mir Spaß, mit einem E-Mofa oder wie die Dinger heißen durch die Gegend zu heizen und die Bauten abzuklappern. Auch für jene, die unter einem Tempelkoller leiden, gilt: Bagan geht immer.

Beste Begegnung

Gute Erlebnisse fangen gerne mit Ärger an. In diesem Fall sind es die nicht funktionierenden ATMs der Stadt Hpa-an, die mich auf die Palme bringen. Ich habe nur noch 1000 Kyat (72 Cent) in der Tasche, aber nicht einer der örtlichen Geldautomaten will was rausrücken. Wobei man sagen muss, dass es bis vor kurzem noch gar keine ATMs gab und man stattdessen mit neuen, gebügelten Dollarscheinen einreisen musste. Ein junger Mann will mir helfen und Geld leihen oder sogar schenken, sollten die Automaten weiter ihren Dienst verweigern (Gott sei Dank habe ich im Austausch Dollars). Noch besser: Am nächsten Tag zeigt er mir auf seinem Motorbike die Highlights der Umgebung und stellt mich seinen Eltern, die noch nie mit einem Ausländer gesprochen haben, vor. Die Familie ist wirklich arm, und trotzdem werde ich auf eine Reissuppe eingeladen, ohne mich revanchieren zu dürfen. Ich will nicht rührselig sein, aber ich bin noch immer ganz überwältigt.

Typischstes Styling

Die verschiedenen Ethnien des Landes, die sich nicht immer miteinander vertragen (Teile der muslimischen Minderheit sind auf der Flucht bzw. leben in Flüchtlingslagern), legen großen Wert auf ihre Identität. Ich entnehme das lediglich Gesprächen, anhand von Äußerlichkeiten wie Kleidung lässt sich das nicht nachvollziehen. Es gibt zwar durchaus z. B. unterschiedliche traditionelle Garderobe, die aber Festtagen vorbehalten zu sein scheint. Worin sich immerhin alle – selbst Mann und Frau – einig sind, ist das Bekenntnis zum Rock: Man und vor allem Mann trägt Longyi, eine Art Wickelrock, der locker um den Bauch gebunden wird. Die Frauen wiederum – auch das ist im ganzen Land zu sehen – schmücken ihr Gesicht mit zum Teil kunstvollen Malereien aus Thanaka, einer gelben Paste, die kühlt und Sonnenschutz bietet.

Liebstes Essen

In Myanmar wird viel Wert auf die landeseigene Grünteekultur gelegt (wird hier ja auch angebaut). Statt Cafés gibt es Tea Houses und zu jeder Mahlzeit wird eine Thermoskanne mit grünem Tee gereicht. Aber gewusst, dass man grünen Tee auch essen kann? Mein persönliches Highlight jedenfalls ist der Tea Leaf Salat. Mit Nüssen und irgendwelchen gerösteten Bohnen. Vorzüglich!!

Bizarrster Ort

Wo noch vor elf Jahren nicht mehr als ein Dorf war, liegt heute die Hauptstadt Naypyidaw. Die Militärregierung beschloss mal eben, Yangon als Hauptstadt abzuschaffen und ins Niemandsland zu verlegen. Das ist es im Prinzip noch heute. Angeblich soll hier eine knappe Million Leute wohnen. Allerdings: Ich habe keine gesehen… Dafür sind die bis zu 20-spurigen Straßen dort über Kilometer hinweg so groß wie Flugzeuglandebahnen. Nur fahren tut da halt keiner. Und begegnen sich doch mal zwei Autos – man ahnt es – wird ordentlich auf die Hupe gedrückt. Nicht dass man sich in die Quere kommt. Die Landesbevölkerung hat verständlicherweise keinen Bezug zu dieser Retortenstadt.

Größte Tourifalle

Die erste Kaffeefahrt meines Lebens habe ich am Inle Lake absolviert. In kleinen Booten, die stinken, rußen, lärmen und dank uns Touristen von Jahr zu Jahr mehr werden, führt die ganztägige Tour von Markt zu Markt und von Shop zu Shop. Ich selbst habe mich ja schon mit einem verminderten Hörvermögen als Myanmar-Souvenir abgefunden, aber auch alles, was noch an Leben im Inle Lake zu finden ist, muss inzwischen ertaubt sein.

Exotischste Landschaft

Die Fahrt von Htee Khee (Grenzort im Süden) nach Dawei führt durch eine Art Dschungel mit ganz eigenwilligem Bewuchs. Die Grenze ist erst seit 2014 geöffnet und die Reise nach Dawei etwas beschwerlich, so dass man den Ausblick hier noch ganz für sich allein hat.

Digitalster Aha-Effekt

Man ist versucht, lange abgeschotteten Gesellschaften, die bis heute keinen Zugang zu wirklich freien Medien haben, ein gewisses Hinterwäldlertum zu unterstellen. Tatsächlich habe ich den ersten Computer des Landes erst am letzten Tag meines Aufenthaltes entdeckt. Aber was Facebook anbelangt, macht den Myanmarern keiner was vor. Mit ihren Handys sind sie alle am Daddeln, und sogar die Älteren haben so viele Facebook-Freunde, wie ich sie selbst im nächsten Leben nie haben werde. Reizend auch das noch etwas ungelenke Facebook-Paar (Er aus Yangon, Sie aus Singapur und ziemlich verspannt), das sich am Golden Rock erstmals Face-to-Face getroffen hat.